Nepal
Christian:
Nach der Hitze Indiens bekommt uns die nepalesische kühle und frische Bergluft sehr gut. Wir müssen zwar erst einmal ca. 1000Hm hoch trippeln, das machen wir aber mit Genuss. Wenn man aus dem indischen Flachland kommt, zaubern einem die steilen Bergtäler ein Lächeln ins Gesicht. Wir nehmen den kaum befahrenen Siddhartha Highway und radeln über Tansen nach Pokhara.
In Tansen legen wir zum Erholen erst mal ein paar Tage Pause ein. Wir übernachten bei Ma Mohan, er betreibt die lokale selbst organisierte Touristen Information, welche sehr gut ausgestattet ist. Wir ergattern das Topzimmer auf dem Dach mit überwältigender Aussicht. Wir treffen dort auch Ben aus Kanada und Monja aus Hamburg. Beide sind am Ende ihrer langen Nepal Aufenthalte und geben uns beide sehr gute Informationen zu Land und Leuten. Nach Monaten im Sattel nutzen wir auch das erste mal wieder unsere Wandermuskeln, was wir auch am nächsten Tag gleich schmerzlich fest stellen dürfen. Da wir aber noch eine längere Wandertour geplant haben, ist dies eine gute Vorbereitung für unsere weiteren Vorhaben. Darüberhinaus wurden wir mit unserem ersten Blick auf schneebedeckte Gipfel des Himalaja belohnt.
Nach einem langen Radeltag durch die Berge erreichen wir Pokhara, wo wir uns mit Sarah und Sam treffen. Die nächsten Tage bereiten wir unsere Wandertour in der „Anna-Purna“ Region vor. Wir starten unsere Wandertour mit Zelt, Kocher und Essen. Auf Grund dessen haben wir zwischen 15 bis 18kg Gepäck pro Person dabei, welche wir in den ersten Tagen schon etwas spüren. Nach ein paar Tagen, Reduzierung des Gewichtes durch Konsum und durch Anpassung des Körpers, läuft es aber sehr gut.
Wir arbeiten uns die Täler von Ost nach West, über den Mardi Himal auf die Annapurna Base Camp (ABC) Route durch. Insgesamt sind wir 18 unvergessliche Tage mit dem Rucksack unterwegs. Unsere Route ist so weit ab vom Schuss, dass wir die ersten 5 Tage keine anderen Wanderer treffen. Am 3ten Tag laufen wir im nepalesischen Dschungel einen Bergrücken hinauf und finden leider kein Wasser. Auch wenn uns der einzige Einheimische den wir getroffen haben versicherte auf der linken Seite finden wir etwas Wasser, schaffen wir es im dichten Wald nicht, diese Wasserquelle zu finden. Dafür gibt es aber Blutegel ohne Ende. Selbst die markierten Zeltplätze in unserer Wanderkarte finden wir nicht. Wie wir später noch des öfteren herausfinden und von unserem Hüttenwirt im Mardi Himal High Camp erfahren, sind die Wanderkarten hier sehr stark fehlerbehaftet und haben Routen drinnen, die nicht einmal existieren. Nachdem unsere Wasservorräte (welche wir schon mit Regenwasser aufgefrischt hatten) zu Neige gehen, entscheiden wir uns wieder ins Tal ab zu steigen und es in Richtung Mardi Himal zu wandern. Von dort wissen wir, dass es genügend Infrastruktur für Wasser gibt. Die Umgebung ist unvergesslich, unsere Route führt uns über Terrassenfelder und kleine Bergdörfer, in nahezu unberührte Wälder und jeden Tag hat man einen umwerfenden Ausblick auf schneebedeckte Gipfel, welchen man sich von Tag zu Tag nähert.
Auf dem Mardi-Himal High-Camp, lassen wir unser Gepäck zurück und steigen in einer Tagestour in Richtung Base-Camp auf. Da gegen 9 Uhr die Wolken zuziehen, entscheiden wir uns ca.1h vor dem Base-Camp wieder ab zu steigen. Dennoch gibt es hier umwerfende Eindrücke und eine geniale Aussicht.
Von hier aus steigen wir ins nächste Tal ab und folgen dem stark begangenen Weg zum ABC. Trotz vieler anderer Urlauber genießen wir es auch hier. Es hat schon seinen Grund warum so viele Menschen hier unterwegs sind. Es gibt heiße Quellen und täglich eine super Aussicht auf unterschiedliche Gipfel. Auf den ABC befindet man sich so zu sagen im Annapurna Kessel, eingeschlossen von hohen Bergen. Was bedeutet hohen Bergen? … Sagen wir die Höchsten sind über 8000 Meter hoch. Trotz all der Schönheit sieht man aber auch das Ausmaß der Erderwärmung. Die Gletscher sind stark abgeschmolzen und viele Menschen sprechen davon, dass sich Wettermuster ändern. Dies ist nicht das erste Land wo wir dies zu hören bekommen.
Beim Abstieg müssen wir den Weg vom Aufstieg wieder zurück und finden einen Lawinenabgang über den Weg. Wir sind beeindruckt und etwas geschockt. Man sollte nie vergessen, dass die Bergwelt auch eine Gefährliche ist. Ein paar Tage später ereignet sich eine Springflut (welche durch eine Lawine ausgelöst wurde) im Nachbartal, bei der viele Menschen sterben. Es ist sehr traurig was hier passiert ist und man kann sich die Frage stellen warum niemand evakuiert oder gewarnt wurde. Wie es sich uns aber darstellt, gibt es hier keine gute Bergwacht und viele Tourenführer die wir treffen, kommen uns auch nicht gut ausgebildet vor. Wenn wir auf Hütten wegen Lawinengefahr fragen, heißt es oft nur nehmt einen speziellen Weg der ist sicher, so etwas wie Lawinenberichte oder Warnstufen kennt hier kein Mensch.
Zurück in Pokhara erholen wir uns etwas und gehen ins Organisatorische unserer weiteren Reise. Mein Pass weist noch 6 freie Seiten auf, das hört sich viel an, bedeutet im ungünstigen Fall aber, dass ich nur noch in 2-3 Länder einreisen kann. 6 Wochen im Iran kosteten mich z.b. 3 Seiten im Pass. Erste Seite für das Visum, zweite Seite für den Ein,- Ausreisestempel und die dritte Seite für die Visumsverlängerung. Da wir nicht in einem Land mit strikten Behörden und einem Reisepass ohne freie Seiten Probleme bekommen wollen, entschließen wir uns einen neuen Reisepass zu beantragen. Wir haben ein 90-Tage Visa für Nepal und nach Rücksprache der Mömlinger Gemeinde ist es möglich, einen Pass auf der Botschaft in Kathmandu zu beantragen. Auf diesem Wege noch einmal vielen Dank an Rosi Keller! Also auf die Räder und ab nach Kathmandu.
Hier organisieren wir neue Ausrüstung, treffen viele Leute der lokalen Bikeszene, reparieren einiges und besuchen viele Reiseagenturen bzgl. der Einreise in die autonome Region Tibet. Wie sich herausstellt, wird die Situation immer schlechter. Zuerst musste pro Nationalität, welche von Nepal aus einreisen will, eine Gruppe von mindestens 5 Personen gemeldet werden. Was in unserem Fall bedeutet wir benötigen noch 4 Deutsche und 4 Österreicher. Dazu kommt dann noch, dass sich 2 Mönche in Lhasa verbrannt haben, was die chinesische Regierung damit beantwortet, dass es erst mal keine Genehmigungen für die Tibetregion gibt. Nach langem hin und her müssen wir uns eingestehen, dass wir wieder einmal an unserem Vorhaben nicht zu fliegen scheitern und in einen Flieger steigen müssen. Unsere Entscheidung fällt und wir buchen einen Flug nach China um von dort aus heim zu radeln.
Parallel bereiten sich unsere beiden Freunde Sarah und Sam auf ihren Weg nach Australien vor, um dort zu arbeiten, um sich den Rückweg nach England leisten zu können. Sam hat während der Tour ein neues Album „Scenic Rootes“ ausgearbeitet und aufgenommen. Das Album gibt es kostenlos zum Herunterladen unter folgendem Link:
Die gesamte Zeit in Nepal wurde stark durch Streiks geprägt. Wie kommt es zu diesen? Der nepalische König wurde durch einen Bürgerkrieg (ausgelöst durch die Maoisten) vor ein paar Jahren abgesetzt. Es gab Wahlen und die Regierung wurde damit beauftragt eine Verfassung zu erstellen. Die Herren Politiker waren aber mit nichts besserem beschäftigt als Stimmen zu sammeln und Ihre Macht auszubauen, sodass sie ihrer eigentlichen Aufgabe nicht nach kommen konnten. Auch die Anzahl an Versprechungen, die den einzelnen Bevölkerungsgruppen, Kasten und Ethnien gemacht wurden, hat sich zu einer Mischung entwickelt, die nicht mehr beherrschbar ist. Es wurden wieder einmal die alten Versprechen gemacht und die Menschen sind darauf angesprungen. “Ihr habt so eine großartige Kultur. Ihr seit so eine starke Region. Ihr seit doch viel besser als die Andern (Etnien, Kasten, …). Die wollen nur euer Geld und euch bestimmen. Ihr solltet euren eigenen Staat im Land Nepal erhalten.”
Dies zieht sich über mehrere Verlängerungen jetzt schon über 4 Jahre hin. Die letzte Deadline war zum 28. 05.2012. Um im Vorfeld Druck auf die Regierung aufzubauen und im Kampf um Wähler, organisierten Parteien, Kasten und andere Gruppierungen Streiks. Diese konnten dann schon mal 4 Tage die Woche dauern, in denen gar nichts ging. Kurz vor den Wahlen durften Touristen nicht einmal mit dem Fahrrad auf den Hauptstrassen Kathmandus fahren. Da waren wir aber noch gut dran, denn in anderen Regionen waren Streiks mit einer Länge >21Tage die Realität. Wir trafen andere Reisende die sich dort Fahrräder kauften, um die 300km aus der Region raus zu radeln. Da sind wir doch froh, dass wir relativ unabhängig sind.
Wie gesagt, die Verfassung kam nicht und das große Theater geht weiter. Zum Glück aber jetzt ohne Streiks.
Anna:
What to doooo in Kathmanduuuu? Alles andere als Langweilen… Nun sind wir schon 6 Wochen hier und es kommt mir vor wie Eine. Im ganzen letzten Jahr waren wir nicht so lange an einem Ort.
Na ok, wir waren nicht die komplette Zeit in Kathmandu:
Etwa 40km östlich von Kathmandu befindet sich die Hasera-farm. Dort haben wir 5 Tage verbracht, haben geholfen Dach zu decken, Zwiebel und Pflaumen zu ernten und wurden wahnsinnig gut bekocht. Die Familie Sharma die hier lebt ist total goldig und Govinda scheint niemals müde zu werden sämtliche Fragen ausführlich zu beantworten. So haben wir viel über Permakultur erfahren und gesehen wie sie es verwirklichen im Einklang mit der Natur zu leben. Wir konnten was lernen über Obst und Gemüseanbau, Bio-Gas-Anlagen, Feng-Shui-Häuser und neue Rezepte meiner Sammlung hinzufügen. Auf der Hasera-Farm werden über 80 Pflanzen angebaut und es ist möglich sich zu 100% von der Farm zu ernähren.
Wer mehr wissen mag: www.organichaser.org
Danach habe ich schweigend 10 Tage in einem Meditationskurs verbracht namens Vipassana. Es war schon hart, da man nicht mal Augenkontakt mit anderen haben darf und 10 Stunden am Tag meditiert, aber ich würde es noch einmal machen. Vipassana ist eine uralte, indische Meditationstechnik und bedeutet „Dinge zu sehen wie sie wirklich sind“. Es geht darum sich zu beobachten, den Atem zu beobachten und die Konzentration/den Geist zu schärfen.
Das ganze System basiert auf Spenden und ist offen für Jeden der interessiert ist, unabhängig von Religion, Herkunft oder was auch immer. Es gibt Vipassana-meditations-Angebote weltweit und einen guten Film (doing time, doing Vipassana) zu folgendem Versuch:.
Die Bedingungen indischer Gefängnisse sind wahnsinnig schlecht. (hohe Gewaltbereitschaft, Aggressivität usw.). Auf der Suche nach Verbesserung wurde in einem Gefängnis das Experiment gestartet Vipassana für Wärter und Häftlinge anzubieten und endete mit erstaunlichen Ergebnissen.
Mehr Infos zu Vipassana unter: http://www.shringa.dhamma.org/
Nachdem wir uns von Chaitanyashree mit Klangschalen beschallen ließen, habe ich beschlossen mich mehr damit zu beschäftigen. Deswegen habe ich mein Gepäck nochmal optimiert und Platz für meine neue Begleiterin gemacht.
Unser 1 jähriges Reise-Jubiläum haben wir mit einem Haufen Radler und Freunden auf unserem Balkon gefeiert, von dem aus man eine bescheidene aber nette Aussicht auf Kathmandu und den Flughafen hat. Zur Feier des Tages gab es SCHOKOLADE (guute Schokolade), Bier und vegetarisches Chilli a la Christian.
Reto aus der Schweiz hat uns in harmonischer Umgebung weitere Yoga-Übungen gelernt. Hierzu trafen wir uns im „Kopan-Monastry“ welches sich in bester Lage auf einem Hügel befindet. Christian hat ihn dort kennen gelernt.
Am 30.Juni fliegen wir nach China, Chengdu, da die Grenzen zu Tibet zu sind. Das ist dann hoffentlich der letzte Flug, den Rest erledigen wir am Land- bzw Wasserweg, den wir nun gestärkt angehen können. Genauere Infos haben wir unter Tour aktualisiert.