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China

Anna:

Am 30. Juni stiegen wir in das Flugzeug und düsten über den Himalaya, am Mount Everest vorbei – wir hatten Glück, denn das Wetter hat uns einen atemberaubenden Blick aufs „Dach der Welt“ gewährt.

Blick auf die Himalaya-Gebirgskette - Good Bye Nepal

Blick auf die Himalaya-Gebirgskette - Good Bye Nepal

 

Die Ironie des Schicksals liess uns in Lhasa zwischenstoppen. Mehr als den Flughafen sahen wir aber nicht, denn innerhalb einer Stunde war die Grenzstempel-Prozedur beendet und die Passagiere wurden wieder in den Flieger gebeten.

Nachdem ich, von der Landschaft fasziniert, meine Nase lange genug ans Fenster gedrückt hatte, landeten wir in Chengdu, China. Zum Glück spuckte der Bankomat auch hier Geld aus und so konnnten wir mit Yuan gefülltem Geldbeutel den Flughafen verlassen. Meine ersten Eindrücke waren: „Es ist alles so ordentlich, sauber und modern!“

Von nun an haben wir wieder Rechtsverkehr und schnell stellten wir fest, dass unsere Route laut GPS 200m abseits der realen Route liegt. Das liegt an einem Offset von Google-maps in China, der bis zu 400m betragen kann.

Wir hatten einen breiten Fahrradstreifen, der ausserdem von Elektrorollern genutzt wird, die hier zahlreich verwendet werden. Wir verbrachten 4 Tage bei Dhane, besuchten den Panda-Zoo im Norden, radelten schon mal 100km ohne Gepäck hin und her, trafen Radler und lernten die ersten chinesischen Wörter:

„ni hau“ = Hallo

„schi schi“ = Danke

Am Tag der Abfahrt regnete es und es dauerte eine Weile bis wir aus dem Stadtgebiet draussen waren. Nach unserer Mittagspause holten wir die ersten chinesischen Radtouristen ein! Wir trafen 3 chinesische Studenten, die auf dem Weg nach Lhasa waren. Mit ihnen radelten wir ein einhalb Tage. Wir lernten von ihnen unter anderem wie, wo und was Chinesen klassischerweise zum Frühstück/Mittag-/Abend-Essen kaufen und wie man in China hervorragend vegetarisch essen kann.

 

Nach weiteren 2 1/2 Radtagen kamen wir in Songpan an, wo wir Andrew kennenlernten. Mit ihm waren wir die darauf folgenden 12 Tage unterwegs. In Songpan schlenderten wir über die Stadtmauer, Zimmermänner liessen mich auf einer Baustelle fotografieren und im Guesthouse sammelten wir neue Kräfte für die nächste Etappe nach Langmusi.

Mit Andrew stagnierte unser ohnehin mickriges Chinesisch, aber es machte Spaß mal wieder zu 3t zu reisen. Der Weg nach Langmusi war geprägt von starkem Regen, extremer Sonne und Pässen. Einer davon war 3850m hoch und führte über das Tibetische Hochplateau. Die Steigungen waren allerdings immer recht gut zu bewältigen, da sie nicht zu steil angelegt waren.

Gutes Wetter

Gutes Wetter

 

In Langmusi selbst wurde gerade die Haupstrasse aufgegraben und alles war matschig. Wir trafen 2 weitere „Cycletourists“ und ich genoss den hier üblichen „tea-refill“. Mit dem Tee bekommt man eine riesige Thermoskanne, die mit heissem Wasser gefüllt ist. Damit kann man sich nachschenken. Und nachschenken. Und nachschenken…bis man genug hat.

Zwischen Langmusi und Xining fuhren wir einen Tag lang nur auf Schotterpisten, weil wir die Hauptstrasse meiden wollten. Es war zwar anstrengender, aber wie immer sind die Nebenstrassen einfach schöner.

Kiespiste

Kiespiste

 

Bis Xining, hatten wir noch einen Zwischenstopp in Xiahe. Wir gingen eine Runde um das Labrang-Kloster, wo buddhistische Mönche ausgebildet werden (zum Beispiel in den Fächern buddhistische Theorie, Mathematik, Astronomie, Medizin, Kalligrafie, Bildhauerei usw). Hier konnten wir uns wieder mit Grundnahrungsmittel versorgen.

Zwischen Xiahe und Xinning passierten wir ein enges Flusstal. Es war trüb, regnerisch und ab und zu sah man von kleinen Lawinen Steine auf der Strasse liegen. Und so kam es, dass eine Steinwand plötzlich anfing auf die Strasse zu bröckeln. Christian fuhr vorne, er bekam nichts ab. Andrew war der Zweite. Ein Stein traf ihn auf den Rücken, verletzte ihn aber nicht. Ein weiterer Stein prallte vom Boden ab, hüpfte weiter gegen seinen Radrahmen und verewigte sich darin. Ich sah die Steine hinunter kommen, konnte aber nicht mehr rechtzeitig bremsen und musste also auch durch. Zum Glück ohne Personen- und Fahrradschaden.

 

Wir stopppten und nachdem uns bewusst wurde was gerade passiert war, waren wir froh, dass wir ganz gut davon gekommen sind.

Fahrradregel Nummer 13: Gönne dir ab und zu ein fettes Stück Kuchen und feier, dass du noch lebst!

In Xinning verbrachten wir 3 Nächte und verabschiedeten uns dann von Andrew. Christian und ich radelten nach Zhangye um unser Visum verlängern zu lassen. Dort angekommen teilten uns die Angestellten mit, dass das derzeit nicht möglich ist, weil sie keine Aufkleber mehr hätten! Sie schickten uns nach Jiaguan, wo wir nach 2 strammen Tagen ankamen und noch alles rechtzeitig erledigen konnten. In Jiaguan nutzten wir die Chance die Chinesische Mauer zu besichtigen.

 

Von Jiaguan wagten wir uns an unsere erste Zugreise in China, was ein riesen Theater wurde. Nachdem wir es geschafft hatten Tickets zu kaufen, die Räder verpackt abgegeben hatten (die allerdings mit einem andern Zug nach Urumqui transportier wurden) warteten wir auf unseren Zug. Auf Grund von Regenschauern hatte er 8 ein halb Stunden Verspätung. Wir verbrachten insgesamt also 10 einhalb Stunden am Bahnhof, weil wir wegen den Rädern schon 2 Stunden vor geplanter Abfahrt dort waren.  Die Zugfahrt selbst dauerte etwa 14 Stunden. In Urumqui (fix und fertig) angekommen vermissten wir schon unsere Räder – wir mussten mit öffentlichem Transport und den ganzen Fahrradtaschen zu unserem Bekannten fahren. Die Taxifahrer verlangten unverschämte Preise und die Busse waren überfüllt. Das Erlebnis zeigte uns mal wieder, dass Backpacker-reisen nichts mehr für uns ist :-)

 

In Urumqui beantragten wir unser Visum für Kasachstan und machten uns dann auf den Weg nach Westen. Die Strasse war sehr gut und wir kamen schnell voran. 7km vor der Grenze liessen wir unseren China-Aufenthalt ausklingen. Wir checkten in einem netten und günstigen Hotel ein, gingen noch einmal original chinesisch Essen und machten uns bereit für Kasachstan. Dawei, dawei!

 

Christian:

Chengdu ist eine 10 Millionen Stadt im Zentralen Südchina. Wie so ziemlich jede chinesische Stadt boomt es hier enorm. Was mir hier sehr gut gefällt, ist die vorausschauende Planung in der Infrastruktur. Es wurde hier viel Wert auf Radwege, Fusswege und Laufwege entlang der Hauptverkehrslinien gelegt. Man kommt oft schneller oder mit dem gleichen Tempo wie Automobile voran und das auf sichere Art und Weise.

 

Auch wenn ich schon einige berufliche Besuche in China hatte, war es eine neue Herausforderung das ganze auf eigene Faust und mit dem Fahrrad zu machen. Ich dachte mir noch in Shenzhen (der Region in der ich mich beruflich aufgehalten hatte) ist alles etwas offener und westlicher, da es sich um eine Sonderwirtschaftszone mit vielen westlichen Menschen handelt. Ich ging davon aus, oft von der Polizei kontrolliert zu werden und Probleme bei der Unterkunftsuche zu bekommen, da viele Hotels keine Touristen nehmen dürfen. All diese Punkte sind nicht eingetreten. Unsere Pässe wurden in den 44 Tagen nur einmal von der Polizei kontrolliert. Und auch bei unserer Route über den Nord-östlichen Teil des Tibetischen Plateaus (einziger Teil der zu unserer Reisezeit für individual Reisende offen war) kam es zu keiner einzigen Kontrolle. Wir konnten uns als Touristen sehr frei bewegen. Auch wenn man das eine oder andere Mal auf chinesische Sturheit trifft, wenn es um die Einhaltung von Regeln (mögen sie auch noch so unverständlich sein) geht. Dies hielt sich aber sehr in Grenzen, denn von ihrer Art her sind Chinesen sehr freundlich, interessiert und hilfsbereit

 

Die Kommunikation mit der Bevölkerung war auch um vieles einfacher als ich mir das vorgestellt hatte. Chinesen sind einfach sehr gut in Körpersprache, Pantomime und Kommunikationsverständnis. Mit ein paar chinesischen Ausdrücken (oft Schlüsselwörter), Zeichen und Gesten kommt man sehr weit. Ich bin mir nicht sicher ,ob diese Überraschung daran liegt, dass wir zuvor einige Länder bereisten, in denen das bei weitem nicht so gut funktioniert hat oder ob Chinesen wirklich so gut darin sind.

Das letzte Drittel unseres Aufenthaltes in China liegt im Nord-Westen des Landes. Es handelt sich wieder um eine Autonome Region mit dem Namen Xinjiang. Durch die westliche Presse wurde diese Region vor allem durch die Unruhen der Uiguren bekannt, welche durch die Regierung mit bekannter Konsequenz abgehandelt wurden. Uns fällt es in dieser Region vor allem durch erhöhte Polizeipräsenz auf, welche uns aber in keinster Weise beeinträchtigt. Auch die Unterkunftsuche wird hier etwas schwieriger, da in diesem Teil Chinas anscheinend nur wenige Hotels die Genehmigung haben Touristen zu beherbergen oder sich strikter daran halten (vielleicht auch halten müssen!). An sich gibt es in dieser 2,5 Millionen Einwohner Stadt fast keine Kultur und alte Gebäude suche wir vergebens. Alles ist neu.

Der türkische Einfluss ist in diesem Bereich enorm groß. Der Basar ist stark türkisch angehaucht, es gibt viele türkische Produkte und Wasser heißt in der lokalen Sprache „Su“ wie in der Türkei. Somit schließt sich auch wieder der Kreis, als unser kurdischer Bergführer am Ararat sagte, dass sein Onkel ein mal im Monat nach China fährt zum Einkaufen.

 

Was uns beim Radfahren aber immer wieder auffällt ist, dass die sogenannten Minderheiten vor allem in den Städten eine Minderheit darstellen, auf dem Land sieht das Ganze dann oft anders aus.

Unser Hauptgrund um nach Urumqi zu kommen, ist die Visabeantragung für die folgenden Länder. Wir wollen hier unser Kasachstan Visa beantragen und evtl. noch das Visum für Kirgistan (zum Glück seit 27.07.2012 nicht mehr nötig!). Die Visabeantragung am Kasachischen Amt läuft eigentlich gut und zügig. Bis ich bei der Abgabe mit einem jungen Beamten (vielleicht 19 Jahre alt) diskutiere, dass wir gerne einen 5 Tages Service hätten.  Am Tage der Beantragung ist es Montag und ich rechne ihm vor, dass dies für mich Freitag bedeutet und nicht Samstag (wie er mir vorgeschlagen hat) und ob er Samstag denn überhaupt arbeiten würde. Er sagt 5 Tage Service heißt Samstag und an dem wird gearbeitet. So weit so gut. Samstags ist das Visa-Amt zu und wie wir unsere Pässe am Montag abholen sehen wir, dass die Visa am Freitag fertig waren. Des weiteren sehen wir, dass unsere Visa eine Woche zu früh beginnen. Der Junge ist natürlich an diesem Tag nicht da, seine Kollegen entschuldigen sich und bieten uns an in 2 Tagen die richtigen Visa im Pass zu haben. Da wir aber los wollen entscheiden wir uns die Visa so zu lassen und dafür ein wenig schneller zu radeln.

 

Die 700km zur Grenze laufen gut und wir haben nur noch einen hohen Pass zu radeln. An der Grenze angekommen gibt China noch einmal alles. Perfekt ausgebaute Strassen und Gebäude, guter Service, Englisch sprechende Beamte und angenehme Atmosphäre. Es ist wie wenn China sagen möchte, sie verlassen nun dieses wunderbare Land „ Good Bye!“ oder wie es hier heißt “Zei djan!”.

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